Am besten gemeinsam
Fünf Antworten auf die Frage „Wofür sollten sich Nord-Süd-Organisationen wie INKOTA in Zukunft einsetzen?“
Ob Coronapandemie, Klimakrise, wachsende globale Ungerechtigkeiten, Menschenrechtsverletzungen oder der erstarkende Autoritarismus – vieles läuft nicht gut in der Welt, für Bewegungen und entwicklungspolitische Organisationen wie INKOTA gibt es einiges zu tun. Fünf Stimmen aus Süd und Nord nähern sich den neuen Herausforderungen an.
Solidarität und Menschenrechte
Von Saúl Baños
Seit im Juni 2019 ein neuer Präsident in das Amt eingeführt wurde hat sich die Lage der Menschenrechte und der Demokratie in El Salvador Schritt für Schritt verschlechtert. Die Fortschritte, die das Land seit Unterzeichnung des Friedensabkommens 1992 gemacht hatte, sind heute praktisch wieder verschwunden. Es begann am 9. Februar 2020 mit einem versuchten Staatsstreich gegen das Parlament, als der Präsident dieses vom Militär besetzen ließ. Im März 2020 folgte im Rahmen der Coronapandemie ein Ausnahmezustand, der den Kern der Grundrechte außer Kraft setzte. Und am 1. Mai 2021 setzte das neu gewählte Parlament in seiner ersten Sitzung die fünf Mitglieder der Verfassungskammer des Obersten Gerichtshofs und den Generalstaatsanwalt ab, ein Bruch der Verfassung und ein Schlag gegen die demokratische Institutionalität..
Wir, die wir uns für die Menschenrechte einsetzen, verfügen in dieser Situation über keinerlei Schutzmechanismen durch den Staat. Und statt sie zu verteidigen, attackiert er die Menschenrechtsverteidiger*innen und ihre Organisationen. Zusätzlich droht eine Zentralisierung und Kontrolle der internationalen Entwicklungszusammenarbeit mit NGOs im Land. Es ist besorgniserregend, wie die Handlungsspielräume für die Zivilgesellschaft beschränkt werden.
Während die Lage für Organisationen wie Fespad immer schwieriger wird, gewinnt die Zusammenarbeit mit solidarischen Organisationen wie INKOTA weiter an Bedeutung. Es ist für uns enorm wichtig, dass INKOTA und andere ihre Stimme erheben, um die Menschenrechte zu verteidigen und den Machtmissbrauch im Land zu kritisieren.
Die Begleitung verschiedener sozialer Organisationen durch INKOTA ist von großer Bedeutung. Für Fespad ist die finanzielle Unterstützung, aber auch die politische Begleitung eine Möglichkeit, uns weiterhin für die Menschenrechte und ganz konkret das Menschenrecht auf Wasser marginalisierter Gruppen einzusetzen. In der Arbeit mit INKOTA entwickeln wir neue Ideen und Projekte.
Aus dem Spanischen von Michael Krämer.
Saúl Baños ist Direktor der Menschenrechtsorganisation Fespad in El Salvador. Seit 2019 unterstützt INKOTA ein Programm von Fespad und zwei weiteren Organisationen für das Menschenrecht auf Wasser.
Solidarität und Menschenrechte
Von Saúl Baños
Seit im Juni 2019 ein neuer Präsident in das Amt eingeführt wurde hat sich die Lage der Menschenrechte und der Demokratie in El Salvador Schritt für Schritt verschlechtert. Die Fortschritte, die das Land seit Unterzeichnung des Friedensabkommens 1992 gemacht hatte, sind heute praktisch wieder verschwunden. Es begann am 9. Februar 2020 mit einem versuchten Staatsstreich gegen das Parlament, als der Präsident dieses vom Militär besetzen ließ. Im März 2020 folgte im Rahmen der Coronapandemie ein Ausnahmezustand, der den Kern der Grundrechte außer Kraft setzte. Und am 1. Mai 2021 setzte das neu gewählte Parlament in seiner ersten Sitzung die fünf Mitglieder der Verfassungskammer des Obersten Gerichtshofs und den Generalstaatsanwalt ab, ein Bruch der Verfassung und ein Schlag gegen die demokratische Institutionalität..
Wir, die wir uns für die Menschenrechte einsetzen, verfügen in dieser Situation über keinerlei Schutzmechanismen durch den Staat. Und statt sie zu verteidigen, attackiert er die Menschenrechtsverteidiger*innen und ihre Organisationen. Zusätzlich droht eine Zentralisierung und Kontrolle der internationalen Entwicklungszusammenarbeit mit NGOs im Land. Es ist besorgniserregend, wie die Handlungsspielräume für die Zivilgesellschaft beschränkt werden.
Während die Lage für Organisationen wie Fespad immer schwieriger wird, gewinnt die Zusammenarbeit mit solidarischen Organisationen wie INKOTA weiter an Bedeutung. Es ist für uns enorm wichtig, dass INKOTA und andere ihre Stimme erheben, um die Menschenrechte zu verteidigen und den Machtmissbrauch im Land zu kritisieren.
Die Begleitung verschiedener sozialer Organisationen durch INKOTA ist von großer Bedeutung. Für Fespad ist die finanzielle Unterstützung, aber auch die politische Begleitung eine Möglichkeit, uns weiterhin für die Menschenrechte und ganz konkret das Menschenrecht auf Wasser marginalisierter Gruppen einzusetzen. In der Arbeit mit INKOTA entwickeln wir neue Ideen und Projekte.
Aus dem Spanischen von Michael Krämer.
Saúl Baños ist Direktor der Menschenrechtsorganisation Fespad in El Salvador. Seit 2019 unterstützt INKOTA ein Programm von Fespad und zwei weiteren Organisationen für das Menschenrecht auf Wasser.
Partnerschaft statt Paternalismus
Von Anannya Bhattacharjee
Die Coronapandemie ermöglicht es, die die vorherrschenden Denkweisen zu überdenken, die existenzsichernde Löhne und Einkommenssicherheit als entwicklungsfeindlich darstellen. Die arbeitsintensive Modeindustrie hat historisch als Entwicklungsweg für den globalen Süden gedient. Die Marken des globalen Nordens, die diese Industrie antreiben, erzielen extreme Profite durch ein ökologisch zerstörerisches Geschäftsmodell, das die Menschenrechte der Arbeiter*innen entlang der Lieferketten im Süden verletzt.
Der Aufbau globaler Nord-Süd-Bewegungen für Arbeitsrechte in der Bekleidungsindustrie hat eine lange Geschichte. Die Nord-Süd-Beziehungen strebten an, sich von Paternalismus hin zu Partnerschaften zu entwickeln. Die Geschichte lehrt uns, dass die Ausgangsbedingungen oft das „Machtzentrum“ in einer Organisation oder Partnerschaft festlegen. So bestimmt die Frage, ob ein globales Nord-Süd-Netzwerk seinen Ursprung im Norden oder im Süden hat, das Machtgleichgewicht und seine demokratischen Funktionsweise.
In der Nord-Süd-Zusammenarbeit werden üblicherweise zwei Ebenen gesehen, die nationale und die globale. Stimmen aus Ländern des Südens werden vom globalen Norden willkürlich eingefangen und als südliche Stimmen projiziert. Artikulation ist wichtig; aber ohne Vermittlung durch grenzüberschreitende regionale Netzwerke im Süden, die Arbeit und soziale Durchsetzung ermöglichen und sichtbar machen, können solche Projektionen die Gleichberechtigung einschränken. Ein regionales Netzwerk unter Führung des Südens sammelt gemeinsame Erfahrungen, bietet Raum für Konsens aus Meinungsvielfalt und kann nationalen Chauvinismus korrigieren. Organisationen wie INKOTA, die positive Nord-Süd-Partnerschaften aufbauen wollen, sollten robuste Mechanismen schaffen, die auf Veränderung zielen. Um eine gerechte Welt aufzubauen, müssen unsere Bewegungen nicht nur darauf schauen, was wir tun, sondern auch darauf, wie wir es tun. Denn die Mittel bestimmen das Ziel.
Aus dem Englischen von Tobias Lambert.
Anannya Bhattacharjee ist indische Gewerkschafterin und internationale Koordinatorin der Asia Floor Wage Alliance.
Partnerschaft statt Paternalismus
Von Anannya Bhattacharjee
Die Coronapandemie ermöglicht es, die die vorherrschenden Denkweisen zu überdenken, die existenzsichernde Löhne und Einkommenssicherheit als entwicklungsfeindlich darstellen. Die arbeitsintensive Modeindustrie hat historisch als Entwicklungsweg für den globalen Süden gedient. Die Marken des globalen Nordens, die diese Industrie antreiben, erzielen extreme Profite durch ein ökologisch zerstörerisches Geschäftsmodell, das die Menschenrechte der Arbeiter*innen entlang der Lieferketten im Süden verletzt.
Der Aufbau globaler Nord-Süd-Bewegungen für Arbeitsrechte in der Bekleidungsindustrie hat eine lange Geschichte. Die Nord-Süd-Beziehungen strebten an, sich von Paternalismus hin zu Partnerschaften zu entwickeln. Die Geschichte lehrt uns, dass die Ausgangsbedingungen oft das „Machtzentrum“ in einer Organisation oder Partnerschaft festlegen. So bestimmt die Frage, ob ein globales Nord-Süd-Netzwerk seinen Ursprung im Norden oder im Süden hat, das Machtgleichgewicht und seine demokratischen Funktionsweise.
In der Nord-Süd-Zusammenarbeit werden üblicherweise zwei Ebenen gesehen, die nationale und die globale. Stimmen aus Ländern des Südens werden vom globalen Norden willkürlich eingefangen und als südliche Stimmen projiziert. Artikulation ist wichtig; aber ohne Vermittlung durch grenzüberschreitende regionale Netzwerke im Süden, die Arbeit und soziale Durchsetzung ermöglichen und sichtbar machen, können solche Projektionen die Gleichberechtigung einschränken. Ein regionales Netzwerk unter Führung des Südens sammelt gemeinsame Erfahrungen, bietet Raum für Konsens aus Meinungsvielfalt und kann nationalen Chauvinismus korrigieren. Organisationen wie INKOTA, die positive Nord-Süd-Partnerschaften aufbauen wollen, sollten robuste Mechanismen schaffen, die auf Veränderung zielen. Um eine gerechte Welt aufzubauen, müssen unsere Bewegungen nicht nur darauf schauen, was wir tun, sondern auch darauf, wie wir es tun. Denn die Mittel bestimmen das Ziel.
Aus dem Englischen von Tobias Lambert.
Anannya Bhattacharjee ist indische Gewerkschafterin und internationale Koordinatorin der Asia Floor Wage Alliance.
Für eine gerechte Globalisierung
Von Gerd Müller
Im Gründungsjahr von INKOTA vor 50 Jahren lebten nur halb so viele Menschen auf der Erde wie heute. Jetzt sind wir ein globales Dorf von bald acht Milliarden, in dem wir alle verbunden sind: über den globalen Warenhandel und internationale Lieferketten, aber auch über die großen sozialen und ökologischen Fragen unserer Zeit.
Armut und Hunger, Kinderarbeit und Ausbeutung, Klimawandel und Artensterben, Kriege und Flucht: Das sind globale Fragen, die auch in unserer Verantwortung liegen. Mit unserem Konsum und Lebensstil beeinflussen wir die Zukunft der Menschen in anderen Ländern mit.
Besonders zeigt sich das in der COVID-19-Pandemie – deren Ursprung in der Naturzerstörung des Menschen liegt. Die Gesundheitskrise hat sich in den Entwicklungsländern zu einer Wirtschafts-, Hunger- und Armutskrise ausgewachsen. Heute hungern 800 Millionen Menschen weltweit – 100 Millionen mehr als zu Beginn der Pandemie. Entwicklungserfolge gehen verloren, während viele Länder vor dem Staatsbankrott stehen. Schulden rauben ihnen die Kraft für eine nachhaltige, inklusive Entwicklung.
Wir lösen die Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam oder gar nicht. Die Weltgemeinschaft muss den Ärmsten jetzt beistehen, um die Verwerfungen der Pandemie abzufedern und auch ihnen eine Impfung zu ermöglichen.
Um die soziale Frage des 21. Jahrhunderts zu lösen, brauchen wir eine gerechte Globalisierung: mit Mindeststandards für einen fairen Welthandel und nachhaltigen Lieferketten – ohne Hungerlöhne, Kinderarbeit oder illegale Regenwaldabholzung. Deutschland muss bis 2050 klimaneutral werden und auch anderen helfen dies zu erreichen.
Um diese Aufgaben anzupacken, brauchen wir eine starke Zivilgesellschaft, die sich im In- und Ausland einbringt. Die die Politik fachlich berät, wie INKOTA es im Bündnis nachhaltige Textilien oder im Forum nachhaltiger Kakao vorbildlich macht. Die für Entwicklungsarbeit und Teilhabe wirbt; und manchmal auch gegenüber Politik und Wirtschaft unbequem ist. Aufgaben, die das INKOTA-netzwerk seit Langem mutig ausfüllt – auch schon unter schwierigen Bedingungen in der DDR. Bei INKOTA leben Sie Verantwortung, Solidarität und Nächstenliebe. Das werden wir auch in den nächsten 50 Jahren brauchen.
Gerd Müller ist seit Dezember 2013 Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Er ist seit 1994 Mitglied des Deutschen Bundestages.
Für eine gerechte Globalisierung
Von Gerd Müller
Im Gründungsjahr von INKOTA vor 50 Jahren lebten nur halb so viele Menschen auf der Erde wie heute. Jetzt sind wir ein globales Dorf von bald acht Milliarden, in dem wir alle verbunden sind: über den globalen Warenhandel und internationale Lieferketten, aber auch über die großen sozialen und ökologischen Fragen unserer Zeit.
Armut und Hunger, Kinderarbeit und Ausbeutung, Klimawandel und Artensterben, Kriege und Flucht: Das sind globale Fragen, die auch in unserer Verantwortung liegen. Mit unserem Konsum und Lebensstil beeinflussen wir die Zukunft der Menschen in anderen Ländern mit.
Besonders zeigt sich das in der COVID-19-Pandemie – deren Ursprung in der Naturzerstörung des Menschen liegt. Die Gesundheitskrise hat sich in den Entwicklungsländern zu einer Wirtschafts-, Hunger- und Armutskrise ausgewachsen. Heute hungern 800 Millionen Menschen weltweit – 100 Millionen mehr als zu Beginn der Pandemie. Entwicklungserfolge gehen verloren, während viele Länder vor dem Staatsbankrott stehen. Schulden rauben ihnen die Kraft für eine nachhaltige, inklusive Entwicklung.
Wir lösen die Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam oder gar nicht. Die Weltgemeinschaft muss den Ärmsten jetzt beistehen, um die Verwerfungen der Pandemie abzufedern und auch ihnen eine Impfung zu ermöglichen.
Um die soziale Frage des 21. Jahrhunderts zu lösen, brauchen wir eine gerechte Globalisierung: mit Mindeststandards für einen fairen Welthandel und nachhaltigen Lieferketten – ohne Hungerlöhne, Kinderarbeit oder illegale Regenwaldabholzung. Deutschland muss bis 2050 klimaneutral werden und auch anderen helfen dies zu erreichen.
Um diese Aufgaben anzupacken, brauchen wir eine starke Zivilgesellschaft, die sich im In- und Ausland einbringt. Die die Politik fachlich berät, wie INKOTA es im Bündnis nachhaltige Textilien oder im Forum nachhaltiger Kakao vorbildlich macht. Die für Entwicklungsarbeit und Teilhabe wirbt; und manchmal auch gegenüber Politik und Wirtschaft unbequem ist. Aufgaben, die das INKOTA-netzwerk seit Langem mutig ausfüllt – auch schon unter schwierigen Bedingungen in der DDR. Bei INKOTA leben Sie Verantwortung, Solidarität und Nächstenliebe. Das werden wir auch in den nächsten 50 Jahren brauchen.
Gerd Müller ist seit Dezember 2013 Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Er ist seit 1994 Mitglied des Deutschen Bundestages.
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Marginalisierte Stimmen stärken
Von Sandra Kwabea Sarkwah
Ghanas Wirtschaftswachstum in den vergangenen 20 Jahren war beeindruckend, die Armut ist deutlich zurückgegangen. Allerdings wächst die Ungleichheit. Dies untergräbt den Rückgang der Armut und bedroht die soziale Stabilität. Besonders treffen diese Ungleichheiten Frauen, Kinder, Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, Menschen mit Behinderungen sowie andere gefährdete Gruppen.
Benachteiligte Gruppen können nicht an Entscheidungsprozessen mitwirken. Neben internen Ursachen hat auch die internationale Handelspolitik die Misere der meisten westafrikanischen Nationen einschließlich Ghanas verschlimmert. Dies wird im Agrarsektor deutlich. Der von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern dominierte Landwirtschaftssektor gilt als arm, weil die meisten dort Tätigen nur ein geringes Einkommen erzielen. Ausreichende staatliche Förderung gibt es weder in der Produktion noch der Vermarktung. Mehr Gerechtigkeit ist nur möglich, wenn Verbraucher*innen und Unternehmen bereit sind, nachhaltige Lieferketten zu unterstützen. Um diese Ungerechtigkeiten anzugehen, sind gemeinsame Anstrengungen entscheidend.
INKOTA hat vor einigen Jahren eine Partnerschaft mit SEND Ghana begonnen, die dazu beiträgt, Menschenrechtsverletzungen im Kakaosektor zu bekämpfen. Es besteht ein Bedarf an kontinuierlichen Initiativen, um den Armen und weniger Privilegierten eine Stimme zu geben und die nationale Sozial- und Wirtschaftspolitik zu beeinflussen. Es braucht die Zusammenarbeit mit Organisationen wie INKOTA, um die Arbeit lokaler Nichtregierungsorganisationen in Westafrika zu stärken und zu erweitern. Nur in Solidarität können wir die globalen Herausforderungen angehen – jetzt und in den kommenden Jahren.
Aus dem Englischen von Tobias Lambert.
Sandra Kwabea Sarkwah arbeitet bei SEND Ghana, einer Organisation, die Kakaobäuerinnen und Kakaobauern dabei unterstützt, ihre Rechte gegenüber der Politik und der Schokoladenindustrie einzufordern.
Marginalisierte Stimmen stärken
Von Sandra Kwabea Sarkwah
Ghanas Wirtschaftswachstum in den vergangenen 20 Jahren war beeindruckend, die Armut ist deutlich zurückgegangen. Allerdings wächst die Ungleichheit. Dies untergräbt den Rückgang der Armut und bedroht die soziale Stabilität. Besonders treffen diese Ungleichheiten Frauen, Kinder, Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, Menschen mit Behinderungen sowie andere gefährdete Gruppen.
Benachteiligte Gruppen können nicht an Entscheidungsprozessen mitwirken. Neben internen Ursachen hat auch die internationale Handelspolitik die Misere der meisten westafrikanischen Nationen einschließlich Ghanas verschlimmert. Dies wird im Agrarsektor deutlich. Der von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern dominierte Landwirtschaftssektor gilt als arm, weil die meisten dort Tätigen nur ein geringes Einkommen erzielen. Ausreichende staatliche Förderung gibt es weder in der Produktion noch der Vermarktung. Mehr Gerechtigkeit ist nur möglich, wenn Verbraucher*innen und Unternehmen bereit sind, nachhaltige Lieferketten zu unterstützen. Um diese Ungerechtigkeiten anzugehen, sind gemeinsame Anstrengungen entscheidend.
INKOTA hat vor einigen Jahren eine Partnerschaft mit SEND Ghana begonnen, die dazu beiträgt, Menschenrechtsverletzungen im Kakaosektor zu bekämpfen. Es besteht ein Bedarf an kontinuierlichen Initiativen, um den Armen und weniger Privilegierten eine Stimme zu geben und die nationale Sozial- und Wirtschaftspolitik zu beeinflussen. Es braucht die Zusammenarbeit mit Organisationen wie INKOTA, um die Arbeit lokaler Nichtregierungsorganisationen in Westafrika zu stärken und zu erweitern. Nur in Solidarität können wir die globalen Herausforderungen angehen – jetzt und in den kommenden Jahren.
Aus dem Englischen von Tobias Lambert.
Sandra Kwabea Sarkwah arbeitet bei SEND Ghana, einer Organisation, die Kakaobäuerinnen und Kakaobauern dabei unterstützt, ihre Rechte gegenüber der Politik und der Schokoladenindustrie einzufordern.
Pfahl im Fleisch der Mächtigen
Von Willi Volks
Organisationen wie INKOTA werden als Nichtregierungsorganisationen (NRO) bezeichnet. Diese Negativdefinition ist etwas absurd, man stelle sich nur mal vor, eine staatliche Institution würde als Nicht-Nichtregierungsorganisation bezeichnet. Auch die allgemeine Aufgabenbeschreibung der NRO folgt oft diesem Muster, wenn sie als komplementär (ergänzend) und subsidiär (unterstützend, aushelfend) beschrieben wird.
Bei dieser traditionellen Charakterisierung fehlt aber eine zentrale Rolle der NRO: als eigenständiger politischer Akteur Korrektiv und kritisches Gegenüber staatlicher Entwicklungspolitik zu sein. Diese Aufgabenstellung ist so wichtig, weil eigener wirtschaftlicher Nutzen, geopolitische und verteidigungspolitische Interessen und zunehmend Migrations- und Fluchtkontrolle die Entwicklungspolitik auch der Bundesregierung prägen.
Bei diesen Interessenlagen spielt die Situation der Armen dieser Welt keine oder bestenfalls eine untergeordnete Rolle und nicht selten werden deren Menschenrechte gröblichst verletzt. Umso wichtiger ist es, dass Organisationen wie INKOTA sowohl die Anwaltschaft für sie übernehmen als auch gemeinsam mit ihnen versuchen, Einfluss auf Regierungsentscheidungen zu nehmen.
Deshalb müssen NROs wie INKOTA in ihrer Lobby- und Kampagnenarbeit gemeinsam und gut vernetzt einfordern, dass Hunger- und Armutsbekämpfung konsequent in den Fokus staatlicher Entwicklungspolitik zu stellen ist und national, aber auch in der EU, die finanziellen Mittel dafür zu erhöhen sind.
Diese eindeutige Option für die Armen in allen Arbeitsbereichen und im politischen Handeln ist für mich die Richtschnur von entwicklungspolitischen NRO. Damit befinden sie sich nicht selten in Opposition zu staatlichem Handeln, eine Rolle, die INKOTA seit seiner Gründung 1971 in der DDR kennt: Das Netzwerk war Opposition, ist Opposition und muss es morgen umso stärker sein.
In diesem Sinne wünsche ich INKOTA zum 50. Jubiläum und für die zukünftige Arbeit: nicht nur Stachel, sondern Pfahl im Fleisch der Mächtigen sein!
Willi Volks hat von 1990 bis 2017 bei INKOTA gearbeitet, unter anderem von 1994 bis 2006 als Geschäftsführer.
Pfahl im Fleisch der Mächtigen
Von Willi Volks
Organisationen wie INKOTA werden als Nichtregierungsorganisationen (NRO) bezeichnet. Diese Negativdefinition ist etwas absurd, man stelle sich nur mal vor, eine staatliche Institution würde als Nicht-Nichtregierungsorganisation bezeichnet. Auch die allgemeine Aufgabenbeschreibung der NRO folgt oft diesem Muster, wenn sie als komplementär (ergänzend) und subsidiär (unterstützend, aushelfend) beschrieben wird.
Bei dieser traditionellen Charakterisierung fehlt aber eine zentrale Rolle der NRO: als eigenständiger politischer Akteur Korrektiv und kritisches Gegenüber staatlicher Entwicklungspolitik zu sein. Diese Aufgabenstellung ist so wichtig, weil eigener wirtschaftlicher Nutzen, geopolitische und verteidigungspolitische Interessen und zunehmend Migrations- und Fluchtkontrolle die Entwicklungspolitik auch der Bundesregierung prägen.
Bei diesen Interessenlagen spielt die Situation der Armen dieser Welt keine oder bestenfalls eine untergeordnete Rolle und nicht selten werden deren Menschenrechte gröblichst verletzt. Umso wichtiger ist es, dass Organisationen wie INKOTA sowohl die Anwaltschaft für sie übernehmen als auch gemeinsam mit ihnen versuchen, Einfluss auf Regierungsentscheidungen zu nehmen.
Deshalb müssen NROs wie INKOTA in ihrer Lobby- und Kampagnenarbeit gemeinsam und gut vernetzt einfordern, dass Hunger- und Armutsbekämpfung konsequent in den Fokus staatlicher Entwicklungspolitik zu stellen ist und national, aber auch in der EU, die finanziellen Mittel dafür zu erhöhen sind.
Diese eindeutige Option für die Armen in allen Arbeitsbereichen und im politischen Handeln ist für mich die Richtschnur von entwicklungspolitischen NRO. Damit befinden sie sich nicht selten in Opposition zu staatlichem Handeln, eine Rolle, die INKOTA seit seiner Gründung 1971 in der DDR kennt: Das Netzwerk war Opposition, ist Opposition und muss es morgen umso stärker sein.
In diesem Sinne wünsche ich INKOTA zum 50. Jubiläum und für die zukünftige Arbeit: nicht nur Stachel, sondern Pfahl im Fleisch der Mächtigen sein!
Willi Volks hat von 1990 bis 2017 bei INKOTA gearbeitet, unter anderem von 1994 bis 2006 als Geschäftsführer.